Digitalisierungs Blog

8 min Lesezeit

Maßnahmenplan für Digitalisierungsinitivativen im Mittelstand

3. August 2017

Die Digitale Transformation wird einen Umbruch in der Arbeitswelt, wie wir sie kennen, bedeuten.  Wie wird das Arbeiten in Zukunft aussehen? Und vor allem: Welche Maßnahmen muss der deutsche Mittelstand ergreifen, um Schritt halten zu können und wettbewerbsfähig zu bleiben? Diesen Fragen haben wir uns im nachfolgenden Blog-Beitrag gewidmet und einen 10-Punkte Maßnahmenplan für Digitalisierungsinitativen im Mittelstand erstellt.
Maßnahmenplan Digitalisierungsinitativen
 
Ihnen ist vielleicht längst bewusst, dass die Digitale Transformation den Mittelstand nicht auslassen wird. Als Rückrat der deutschen Wirtschaft ist es für Sie als Unternehmer im Mittelstand nicht nur wichtig, wettbewerbsfähig zu bleiben, sondern auch der gesamten Wirtschaft in Deutschland mit einem guten Beispiel voranzugehen. Folgende Maßnahmen wollen wir Ihnen auf den Weg in Ihre digitale Zukunft an die Hand geben:
 

1. Digitalisierung ist Teamarbeit

In den meisten Fällen entscheidet die Führungsetage, ob eine Digitalisierungskampagne gestartet wird . Budgets werden freigegeben und anschließend wird das Thema nach dem Motto "Mach mal!" in die Fachbateilungen verlagert (IT-Abteilung, Business Development). Nun folgt der Klassiker: Wie schaffen wir es, bestehende Systeme so zu verbiegen, dass die Anforderungen (die übrigens noch gar nicht klar definiert sind) in einem Zwei-Jahres-Projekt realisiert werden können? Gehen Sie diese Themen anders an!
 

Unsere Tipps für Sie:

  • Digitalisierung muss in der Unternehmensstrategie verankert sein.
  • Definieren Sie ein Team aus den hellsten Köpfen, Querdenkern und technischen Vordenkern Ihres Unternehmens.
  • Rufen Sie eine digitale Agenda aus und bitten Sie die Mitarbeiter, Sie auf dieser Reise zu begleiten und zu unterstützen.
  • Identifizieren Sie mögliche Abläufe, die sich für die Digitalisierung anbieten.
  • Setzen Sie sich kleine realisierbare Ziele, diskutieren Sie in Digital Think Tanks Ihre Ideen und setzen Sie Prototypen und Early-Adopter-Projekte um.
  • Sensibilisieren Sie Ihr Unternehmen für die Notwendigkeit der kommenden Digitalisierungsinitiativen.
  • Digitalisierung ist eine Evolution und keine Revolution.
  • Nehmen Sie Ihr Team mit auf die digitale Reise und beugen Sie so Widerständen und innovationshemmender Stimmung vor

2. Erstellen Sie eine digitale Landkarte für Ihr Unternehmen

Machen Sie sich Gedanken, wo Sie in fünf Jahren mit Ihrer Digitalisierungsinitiative stehen wollen, und erstellen Sie eine visuelle und virtuelle Landkarte. Dies erfordert viel Kreativität, da es keinen Status quo für die Zukunft gibt. Umso wichtiger ist es, eine Landkarte zu definieren, um eine Richtung und ein Ziel festzulegen.

Unsere Tipps für Sie:

  • Die Landkarte identifiziert Systeme, Datenflüsse und die geplante Infrastruktur.
  • Decken Sie Fragestellungen und strategische Lücken in der Planung auf. Je früher Sie erkennen, wo die Herausforderungen liegen, desto besser können Sie reagieren und Lösungen finden.

3. Legen Sie fest, welche Daten Ihnen gehören, welche dem Kunden, und welche Daten Sie teilen wollen – und halten Sie sich an diese Konventionen

Die Digitalisierung und das Internet der Dinge (IoT) gehen in Deutschland immer auch einher mit der Diskussion um die Sicherheit der Daten. Diese Frage sollten in jedem Fall geklärt werden, darf aber niemals die Ausrede dafür sein, sich nicht mit Digitalisierung und Innovation zu beschäftigen.

Selbst die strengsten Datenschutz-Richtlinien lassen sich erfüllen. Ziehen Sie z. B. hybride Nutzungsmöglichkeiten in Betracht. Ihre Daten liegen in Ihrem eigenen Rechenzentrum und Sie nutzen lediglich Dienste aus einer Cloud-Umgebung, die Daten verschlüsselt oder nur in Extrakten übermitteln. Komplizierter wird es, wenn Sie Anlagen und Maschinen an Kunden liefern. Welche Daten gehören Ihnen und werden z. B. für Predictive-Maintenance-Szenarien benötigt? Was ist das IP der Kunden, wo läuft also die interne Rezeptur oder Preisfindung des Kunden?

Das IoT bildet ein Netzwerk aus Geräten, die mit dem Internet verbunden sind und somit Daten sammeln und austauschen können.

Unsere Tipps für Sie:

  • Legen Sie Data Contracts fest, also Nutzungsregeln und offene Standards zum Austausch der Informationen.
  • Kommunizieren Sie offen, welche Daten Sie wie auslesen, nutzen und analysieren wollen.
  • Oft hilft auch eine Aggregation von Datenströmen oder die Anonymisierung von Teildaten. Gleichzeitig hilft Ihnen aber die große Datenbasis im Aufbau Ihrer Algorithmen und Ihrer Datenmodelle.
  • Offenheit ist Trumpf. Wenn Sie Ihren Kunden klare Datennutzungsregeln mitteilen und gleichzeitig den Nutzen darstellen, den er als Kunde davon hat, überzeugen Sie meist mehr als mit der mahnenden Stimme des Datenschutzverfechters.

4. Stellen Sie Ihre Kunden ins Zentrum jeder Digitalisierungsinitiative

„Wenn Sie einen Scheißprozess digitalisieren, dann haben Sie einen scheißdigitalen Prozess.“ Dieses Zitat von Thorsten Dirks (Vorstand Telefónica Deutschland) trifft es auf den Punkt. Prozesse müssen bezüglich ihrer Sinnhaftigkeit hinterfragt werden und sollten erst dann digitalisiert werden. Schieben Sie dem Digitalisierungswahn einen Riegel vor und legen Sie klare Richtlinien vorab fest.

Ihre Richtlinien sollten sich an folgenden Punkten ausrichten:

  • Ihre Kunden sind das Maß aller Dinge!
  • Hören Sie auf Ihre Kunden, nehmen Sie deren Impulse ernst und fokussieren Sie Ihre Digitalisierungsprozesse auf Customer Experience. Die Realität ist, dass der Kunde schon lange Verhaltensmuster aus dem B2C-Bereich auf sein Geschäftsleben transferiert. Wenn Amazon es innerhalb von einem Tag schafft, die Bestellung zuzustellen, warum muss er auf sein Ersatzteil, ohne das er jeden Tag einen Produktionsausfall verbuchen muss, fünf Tage warten, weil seine Bestellung erst aus dem After-Sales-System in das ERP eingebucht werden muss? Leider funktioniert hier die Schnittstelle nicht und die Daten müssen händisch eingegeben werden. Das Schaffen eines Kundenmehrwerts sollte die Prämisse der Digitalisierungsinitiativen sein, denn genau so schaffen Sie einen Wettbewerbsvorteil und begeistern Kunden für sich.

5. Lassen Sie einen digitalen Versuchsballon steigen – involvieren Sie Ihr Business Development bzw. Ihre New-Business-Abteilung

Oft ist es schwierig, einen richtigen Startpunkt oder das richtige Produkt zu finden, um Ihr IoT-Projekt zu starten. Fangen Sie klein an und arbeiten Sie sich Schritt für Schritt voran. Sie werden nicht von heute auf morgen Ihr komplettes Unternehmen umkrempeln können. Hier kann Ihnen Ihr Business Development bzw. Ihre New-Business-Abteilung helfen. Ihre Aufgabe ist es, neue Produkte und Trends zu entwickeln, sich mit dem Thema Digitalisierung auseinanderzusetzen und Innovation nach vorne zu treiben.

Unsere Tipps:

  • Nehmen Sie diese Abteilungen in die Pflicht.
  • Legen Sie als Entwicklungsziel fest, dass neue Produkte IoT-ready sein müssen.
  • Jedes F&E-Projekt muss mit der Digitalen Agenda verknüpft werden. Außerdem sind es diese Abteilungen und Personen, die die Kreativität besitzen, aus den Ideen nachhaltige Geschäftsmodelle (= New Business) zu generieren. Daher unser Appell: Business Development und New Business müssen die Speerspitze Ihrer Digitalisierungs- und IoT-Initiativen sein.

 

6. Digitalisieren Sie Ihre Assets

Maschinen- und Anlagendaten sind die Grundlage für Machine Learning und Predictive Analytics. Daher der dringende Appell: Stellen Sie sicher, dass Sensoren- und Maschinendaten nicht verloren gehen. Dabei entstehen riesige Datenmengen, die gespeichert und verarbeitet werden müssen. Überlegen Sie sich, welche Speicher- und Dtaenplattformen sich für Ihre Zwecke eignen. Genauso wichtig wie die Speicherung der Daten ist die Einsatzbreite der Assets. Wollen Sie ein „Command & Control“-Szenario, eine M2M-Kommunikation, oder geht es nur um das Auslesen von Daten, mit dem Ziel eines Remote-Monitoring-Szenarios? All diese Überlegungen sollten bei der Planung der Digitalisierung von Assets einbezogen werden.

Der wichtigste Tipp:

Handeln Sie. Ihr Wettbewerb stellt gerade die gleichen Überlegungen an. Digitale Assets sind die Basis der interdisziplinären Bereiche Digitalisierung und IoT.

7. Konvertieren Sie Datensilos zu Applikationsnetzwerken

Wie sieht die Kommunikation zwischen Ihren  SPS-Programmierern und den Applikations- und Anwendungsentwicklern aus? Findet regelmäßig ein Austausch über Datenformate, Informationen und Entwicklungsstandards statt? Falls nicht, dann ist dies ein erster Schritt für Ihre Digitalisierungsinitiative.  Ansonsten passiert unweigerlich das, was in solchen Fällen immer geschieht, wenn kein gemeinsames Verständnis der anstehenden Inititiative besteht und sich jeder im  Kompetenzbereich des anderen austobt: Es entstehen Datensilos und hochkomplexe, kaum updatefähige Systeme. Lassen Sie Datensilos gar nicht erst entstehen, sondern holen Sie alle notwendigen Parteien ins Boot und konvertieren Sie Datensilos zu Applikationsnetzwerken. Sonst ist unweigerlich mit Verzögerungen im Projekt und schlechter Stimmung zu rechnen - beides behindert so Ihre Digitalisierungsinitiative. Doch wie verhindert man so etwas? Entkopplung und Micro Services sind in diesem Fall der beste Ansatz.

Hier einige weitere Tipps:

  • Versuchen Sie nicht, Logiken in Systeme zu programmieren, die dafür gar nicht ausgelegt sind.
  • Entwickeln Sie entlang der Wertschöpfungskette schlanke Dienste, oder setzen Sie State-of-the-Art-Algorithmen ein, um domänenspezifische Probleme zu lösen.
  • Schaffen Sie Applikationsnetzwerke bzw. Service-Bus-Lösungen, die die Objekte zwischen den Systemen austauschen. Dies kann ein Authentifizierungsmechanismus für die Maschinensteuerung sein oder ein Algorithmus zur Ermittlung von Abweichungen im Produktionsprozess.

Sicherlich ist es eine Herausforderung, ein Applikationsnetzwerk zu schaffen, da es ein gemeinsames Verständnis und eine einheitliche Definition für Business-Objekte voraussetzt. Die Effizienz Ihrer Digitalisierungsinitiative kann so aber um ein Vielfaches gesteigert werden.

8. Definieren Sie die Geschäftsmodelle, die hinter Ihrer Digitalisierungsinitiative stehen

Digitalisierung ist ein Evolutionsprozess. Märkte und Kunden haben sich verändert. In den meisten Industrien hat sich der Lebenszyklus von Produkten deutlich verringert. Mit dem Produkt selbst ist in vielen Fällen weniger verdient als mit Services, die Sie dem Kunden als Mehrwert anbieten. Und hier kommt das Geschäftsmodell ins Spiel. Orientieren Sie sich an Ihren Kunden, denn diese sollen schließlich Ihr Produkt bzw. Ihre Dienstleistung kaufen.

Hier einige Tipps:

  • Sprechen Sie mit Ihren Kunden!
  • Stellen Sie Modelle vor und fragen Sie nach, ob diese den Kunden zusagen.
  • Digitalisierung soll einen Mehrwert für den Kunden schaffen. Daraus leiten sich Ihre Geschäftsmodelle für die Zukunft ab.
  • Denken Sie über den Tellerrand hinaus. Vielleicht sind die Kunden von heute gar nicht mehr die Kunden für das neue, digitale Geschäftsmodell.

9. Nutzen Sie die Macht der Daten – lassen Sie die Erkenntnisse in die Weiterentwicklung einfließen, denn Digitalisierung ist ein agiler Prozess

Die Digitalisierung ist ein Themenkomplex, der Sie Ihr gesamtes Berufsleben begleiten wird. Es ist kein Projekt, das zum Zeitpunkt X zu den Akten gelegt werden kann. Vielmehr ist es ein agiler, fortlaufender Prozess. Neue Berufsfelder werden geschaffen, Standards werden neu definiert und neue technische Möglichkeiten entstehen. Der Vorteil, der auf Ihrer Seite liegt, ist die Erkenntnis, die Sie permanent aus Ihren Daten gewinnen können. Sie werden ständig an der Perfektionierung Ihrer Algorithmen arbeiten, um noch genauere Vorhersagen treffen zu können. Disziplinen wie Machine Learning, neuronale Netzwerke und Deep Learning kommen auf den Massenmarkt, d. h. als Mittelständler stehen Ihnen neue Möglichkeiten innerhalb von Minuten zur Verfügung. Sehen Sie Ihre Digitalisierungsinitiative daher als kontinuierlichen Verbesserungsprozess, der aus unterschiedlich gelagerten Projekten besteht.

10. Veröffentlichen Sie Ihre Erfolge

Kennen Sie die Industrie-4.0-Landkarte (bit.ly/landkarte_4-0) ?

Hier finden Sie erfolgreich in die Praxis umgesetzte Industrie-4.0-Projekte.

  • Reihen Sie sich ein in die Unternehmen, die Digitalisierung vorantreiben und damit als innovative Leuchttürme Beachtung finden. Es ist höchste Zeit, dass der deutsche Mittelstand sein Potenzial präsentiert und sich seiner Innovationskraft bewusst wird.
  •  Digitalisierung ist Marketing. Mit Praxisbeispielen finden Sie heute Beachtung in Fachpublikationen, Vorträgen und Fachseminaren. Berichten Sie von Ihren Erfahrungen und lassen Sie andere an Ihren Erkenntnissen teilhaben.
  • Schaffen Sie mit Ihren Kunden, Partnern, aber auch mit Ihren Marktbegleitern ein Netzwerk und Entwicklungs-Cluster.

Und jetzt?

Sollten Sie das Thema Digitalisierung bisher verdrängt haben, wird es höchste Zeit, sich intensiv damit auseinanderzusetzen, um den Fortbestand Ihres Unternehmens zu sichern. Machen Sie einen Plan. Fangen Sie nicht ziellos an, Prozesse zu digitalisieren, nur um sagen zu können, dass Sie im Boot sind. 


Warum die Digitalisierung besonders für den Mittelstand eine große  Herausforderung ist und wie sich die Arbeitswelt der Zukunft gestalten wird? Antworten zu diesen Fragen finden Sie in unserem kostenlosen Whitepaper "Digital is future - Die Zukunft Ihres Unternehmens ist digital".

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Tobias Lehmeier
Autor Tobias Lehmeier

Tobias Lehmeier ist Senior Consultant Digital Transformation bei der NXTGN. Die NXTGN unterstützt Unternehmen dabei prozess- und softwareseitige Herausforderungen der Digitalen Transformation zu meistern. Tobias Lehmeier blickt auf mehr als 15 Jahre Erfahrung im Bereich Geschäftsprozessberatung, CRM-Implementierung und Digitalisierung in zahlreichen Projekten zurück.